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Ich habe auch ein schwarzes Quadrat gepostet. Ich bin auch gegen Rassismus. Aber ich habe mich unwohl gefühlt, als ich das Quadrat brav mit dem hashtag ‚blackouttuesday‘ versehen habe und es dann in meine timeline geschickt habe. Wie lächerlich. Was weiß ich schon von Rassismus, was weiß ich, wie es sich anfühlt schwarz zu sein? Was maße ich mir eigentlich an, dass ich hashtags wie #blacklivesmatter verwende. Wieviele Schwarze kenne ich denn hier in München, wo ich geboren und aufgewachsen bin? Nicht viele. Kann ich diesen Kampf denn überhaupt mitkämpfen? Darf ich das überhaupt? Wie kann ich das tun, ohne in der totalen Oberflächlichkeit stecken zu bleiben? Schwimme ich jetzt einfach auf einer Welle der Solidarität mit, weil, klar, ist voll schlimm, was da in Minneapolis passiert ist. Aber wieviel hat das mit mir zu tun? Es hat viel mit mir zu tun. Weil ich weiß bin. Und weil ich mich eben unwohl mit diesem Thema fühle und weil ich manchmal auch relativiere. Meine Reaktion auf den Satz ‚black lives matter‘ war ganz zu Anfang ‚ja, klar, logo, aber ‚all lives matter‘, richtig?‘ Ja, richtig, aber auch falsch. Denn in diesem Fall geht es um diesen Kampf gegen Ungerechtigkeit, der in den USA schon so lange gekämpft wird. Da geht es nicht einfach um Diskriminierung oder Ungleichheit, da geht es darum, dass Menschen systematisch ausgegrenzt werden. Menschen, deren einziger Unterschied zur Mehrheit der Bevölkerung ist, dass sie eine dunklere Hautfarbe besitzen. Menschen, denen die gleichen Rechte, die diese weiße Mehrheit hat, lange verweigert wurden. Denen diese Rechte noch immer verweigert werden. Und das fußt auf einem System, dass falsch ist und das sicherstellt, dass die Privilegien der weissen Bevölkerung nicht gefährdet werden und dass die schwarze Bevölkerung auch nicht an Einfluss gewinnt. Einfluss ist z.B. Vermögen. Schwarze konnten bis in die 60er Jahre hinein gar kein Vermögen aufbauen. Sie bekamen keine Kredite, konnten keine Geschäfte eröffnen, keine Immobilien erwerben. Konnten ihr Vermögen deshalb nicht mehren und weitergeben und so auch den nachfolgenden Generationen keinen leichteren Start ermöglichen. Auch keine gute Schulbildung, denn die ist teuer in den USA. Und wenn man nicht gerade ein/e Bomben-Athlet/in ist und ein Stipendium bekommt, dann wird es schwer. Dann muss man einen Kredit aufnehmen, bekommt aber schlechtere Konditionen, denn die Sicherheiten sind nicht gegeben. Dieser Teufelskreis der Ungleichbehandlung zieht sich durch viele Bereiche. Schlechte Wohngegend, schlechte Schulen, schlechte Chancen, hohe Kriminalität, höheres Risiko von der Polizei verhaftet zu werden, höheres Risiko straffällig und verurteilt zu werden. Keine Chance mehr, politisch seine Stimme zu nutzen. Wer einmal verurteilt wurde, verliert in den meisten Staaten der USA sein Stimmrecht, in manchen sogar für immer. Kann nicht mehr mit entscheiden.
Das ist das System in den USA. Unseres ist vielleicht anders, aber es existiert auch hier. Rassismus, der sich an Hautfarbe, Name, Herkunft und Vorurteilen orientiert. Das ist in den USA falsch und es ist hier falsch. Aber ich bin bereit, zu lernen. Und darüber zu reden, auch wenn es heisst, dass ich mir selber unangenehme Fragen stellen und meine z.T. bequemen, selbstgefälligen Ansichten überdenken muss. Vielleicht gelingt mir das nicht immer, weil ich auch Teil dieses Systems bin. Wir alle sind Teil davon. Aber wir können daran arbeiten. Wir können mehr hinterfragen und unser Umfeld nutzen, um zu üben. Wir können das System verändern. Vielleicht nicht sofort, aber wir können anfangen damit, auf Instagram, auf Demos, in Schulen, in Parlamenten, in der Familie. Vielleicht werden unsere Enkel und Urenkel dann tatsächlich einmal sagen können ‚all lives matter‘, weil Rassismus etwas ist, gegen das man nicht mehr auf der Straße demonstrieren muss und weil ein Mensch mit einer dunkleren Hautfarbe nicht mehr um sein Leben fürchten muss, wenn er oder sie in eine Polizeikontrolle kommt.

Das T-shirt ‚Unite‘ unterstützt die künstlerische Aktion ‚With Drawn Arms‘, eine Kollaboration meines Freundes und Künstlers Glenn Kaino mit dem Athleten Tommie Smith, das sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt. Tommie Smith und sein Team-Kollege John Carlos streckten 1968 bei der Verleihung der olympischen Medaillen jeder eine schwarze Faust in die Luft und schufen damit ein ikonisches Zeichen der Solidarität der Black Power Bewegung und des Widerstands ggen soziale Ungerechtigkeit. Glenn Kaino setzte die Geste in seinen Skulpturen ‚Bridge'(2014) und ‚Invisible Man'(2018) künstlerisch um. Tommie Smith und Glenn Kaino hielten während der Aktion ‚With Drawn Arms‘ Workshops für Jugendliche in den USA ab, die sich durch künstlerische Arbeit mit dem Thema Rassismus und Gleichstellung damals und heute beschäftigten.

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